Zum Julbasar ins Hafendorf: Die schwedische Kirche in Hamburg

Vom Glögg zum Galão ist es nur ein Spaziergang: Beim Verlassen der schwedischen Gustaf-Adolfskyrkan wendet man sich von der Elbe ab nach links und dringt ein ins Hamburger Portugiesenviertel, dessen Restaurants, Bodegas und Bistros südländische Assoziationen wecken, und das sich selbst ein ‚Hafendorf‘ nennt. Faktisch handelt es sich dabei um einen bunten, sehr internationalen Großstadtkiez, wozu nicht zuletzt die vier nordischen Seemannskirchen beitragen, deren älteste wiederum die mit dem Namen des berühmten Schwedenkönigs ist.

Die Gustaf-Adolfskyrkan im Hamburger Portugiesenviertel (Foto: privat)

Mit Blick auf den Hafen und die Gleise der Hochbahn, dicht bei den Landungsbrücken, steht seit 1907 der vom norwegischen Architekten Th. Yderstadt errichtete rote Backsteinbau mit seinem markanten spitzgiebeligen Turm. Die schwedische Seemannsmission hatte schon seit 1883 in Hamburg gewirkt, ohne aber adäquate Räumlichkeiten zu besitzen: So wurden Gottesdienste lange in Räumen des ‚Michels’ (offiziell: St. Michaeliskirche) oder der Englischen Reformierten Kirche abgehalten, anfangs sogar an Bord der eingelaufenen Schiffe. Das Grundstück an der Ditmar-Koel-Straße wurde erst 1903 erworben; seit ihrer Einweihung durch Erzbischof Ekman vier Jahre später trägt die Kirche den Namen von Gustaf II. Adolf (1594–1632), dessen Büste hier im Treppenhaus steht.

Das Haus zählt zu den wenigen im Viertel, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben; es beherbergte neben Büros und Wohnungen ein paar Jahre lang die schwedische Schule; seit 2008 befindet sich hier auch das schwedische  Honorarkonsulat. Zentral war und ist aber die im ersten Stock gelegene Kirche (seit 1996 Gemeindekirche), die gerade durch ihre Schlichtheit für sich einnimmt und deshalb einen Besuch lohnt: Nach der Renovierung 2007 zeigt sich der Raum in Weiß mit hellblauen und -brauen Elementen, z.B. an Kreuzrippen oder als Balustradenfüllung, und dunklem Holz beim geschnitzten Altar, der Kanzel und den Bänken. Das gleichfalls hölzerne Taufbecken ist aus dem 19. Jh., das unter der Decke schwebende – dreimastige und schwedisch beflaggte – Votivschiff ‚Gustaf Adolf’ wurde Ende des 20 Jh. vom ehemaligen Kap Hoornier H. Freyholz angefertigt, die Orgel stammt aus Lund.

Gerade am Beginn der Weihnachtszeit werden die vier skandinavischen Kirchen Hamburgs (die dänische, finnische und norwegische finden sich am anderen Ende der Straße) zum Ziel von Einheimischen und Touristen auf der Suche nach einem authentischen skandinavischen Julbasar. Entsprechend wird in allen Häusern Landestypisches geboten: von Rentierfellen und Wolldecken über Glas, Stoffe, Schmuck, CDs und Bücher bis hin zu Elchsalami und Pfefferkuchen gibt es alles zu probieren und zu kaufen. Und natürlich bietet sich immer wieder Gelegenheit, eigene Fremdsprachenkenntnisse zu erproben – die Gastgeber zeigen sich erfreut.

Beliebt wie sie sind, kommt es bei den Julbasaren zwar auch regelmäßig zu einem beträchtlichen ‚glöggseligen’ Gedränge, und gerade auch im verwinkelten schwedischen Haus hört man ein aufmunterndes „Ta det lungt!“ dann gerne. Als Ausweg bietet sich aber allemal der Gang ins erste Stockwerk und in die kleine Kirche an: Bei Kerzenschein und Stille – oder gar leiser Hausmusik auf ‚Nyckelharpa’ (Schlüsselharfe) und Geige, wie kürzlich zu erleben – bietet sich hier eine entspannende Alternative zum vorherigen Trubel. Es mag vorkommen, dass man sich nach einer Weile samt Kirche in ein julmäßig verschneites Schweden versetzt glaubt und dann draußen auf der Straße um so mehr über Tapasbars und Fadoklänge staunt. Aber selbst wenn der Tag dann beim Galão endet, ist es ja zum Glögg wieder nur ein Spaziergang.

Autor(in): Frank – fsommerkamp@gmx.de

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