Zeitreise in die Bronzezeit: Die Felsritzungen in Tanumshede

Felsen von Vitlycke: Der wohl spektakulärste Fundort in Tanumshede.

Zwei Kämpfer stehen sich gegenüber und blicken sich in die Augen. Die Speere sind drohend erhoben, ihre Schilde zur Abwehr bereit. Etwas weiter ein Paar, in inniger Umarmung. Ein Mann streckt die Arme aus, die gut viermal so lang sind wie sein ganzer Körper. Unzählige Schiffe mit Kriegern und Trommlern. Dazwischen schwimmt ein Blauwal.

Die Szenen stammen nicht etwa aus einem Traum oder einem surrealistischen Film, sondern aus Tanumshede, einem kleinen Ort an der schwedischen Westküste. Es sind Jahrtausende alte Felsritzungen, so spektakulär und in solch großer Anzahl, dass die Fundstätten inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören.

In Tanumshede taucht man ein in eine Welt, die seit Tausenden von Jahren nicht mehr existiert. Und die doch Zeugnisse hinterlassen hat, die eine Verbindung schaffen zu Menschen, die vor unzähligen Generationen gelebt haben. Ein faszinierendes Gefühl.

Tanumshede: Im Kontakt mit einer vergangenen Kultur

Vorgeschichtliche Kampfszene

Über 10.000 Ritzungen finden sich hier, manche bis zu 3.000 Jahre alt. Sie geben uns ein Gefühl, wie das Leben ausgesehen hat in der Bronzezeit, vermitteln uns Werte und Vorstellungen einer fremden Kultur.

Und lassen uns doch oft nur rätseln. Gehören die riesigen Fußspuren einem Menschen oder einer Gottheit? Was bedeuten die vielen Punkte? Bilden sie eine Spur, sind sie ein religiöses Symbol oder stellen sie Tiere dar? Und wohin sind überhaupt die vielen Schiffe unterwegs?

Das zugehörige Vitlycke-Museum vermittelt in oft spielerischer Weise Wissenswertes zum Leben in der Bronzezeit. Dazu gehört auch ein originalgetreuer Nachbau eines Bronzezeit-Dorfes. Doch viel interessanter ist es trotz allem, die Felsritzungen zu betrachten und zu spekulieren, was etwa hinter dem Mann mit den übergroßen Armen stecken mag, wer das romantische Brautpaar war und wer der liegende (tote?) Mann, der von seiner Frau bewacht wird.

Die Abbildungen, die heute jährlich von Tausenden von Touristen bewundert werden, wurden in den Fels eingeschabt oder graviert. So überdauerten sie die Jahrtausende. Interessanterweise gibt es viele Ritzungen, die unvollständig geblieben sind, und auch solche, die nach langer Zeit – bis zu 1.000 Jahren! – wieder fortgesetzt wurden. Warum das nach solch unfassbar langen Zeiträumen geschah, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Blauwal auf dem Felsen von Vitlycke.

Die Felsritzungen in Tanumshede bleiben ein Rätsel

Wie überhaupt die Wissenschaft nur wenige eindeutige Fakten liefern kann. Vieles bleibt im Dunkeln, die meisten der Ritzungen sind auch den Historikern rätselhaft. Zu wenig weiß man auch heute noch über die Bronzezeit.

Neben der großen Felsplatte von Vitlycke, die durch ihren Reichtum an ungewöhnlichen Figuren besticht, ist auch der Fels bei Litsleby, nur zwei Kilometer weiter, weltberühmt. Hier kann man die größte einzelne Felsritzung der Welt bewundern – ein ca. 2,30 Meter hoher Mann mit Speer. Auch er gibt Rätsel auf: Warum wurde er so groß dargestellt? Ist er eine Gottheit oder wollte sich hier einfach ein Künstler verwirklichen?

Wer nach Tanumshede kommt, stößt auf viele Fragen und nur wenige Antworten. Doch genau das ist es, was die Faszination dieses ungewöhnlichen Ortes ausmacht.

Rekord-Ritzung bei Litsleby

Autor: Sven Weiss – sv.weiss@gmx.de

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