Überall in Schweden – Hembygdsgårdar

hembygdsgård Heimatverein

Häuser, Geräte und Kleidung von früher. Die schwedischen Heimatvereine machen Geschichte lebendig. Foto: Erik Thorell, Skansen

Überall im ländlichen Schweden findet man sie: Schilder mit dem Hinweis zum nächsten Hembygdsgård oder Gammalgård. Es handelt sich dabei um eine Art Heimatmuseum: alte Gebäude und Gegenstände, Erinnerungen an frühere Zeiten, die man erhalten möchte.

Wörtlich übersetzt heißt Hembygdsgård Heimatgarten oder Heimathof, und ein Gammalgård ist schlicht ein alter Hof. Es handelt sich meist um einen historischen Bauernhof oder eine Ansammlung historischer Gebäude, die man für die Nachwelt erhält. Viele Ortschaften in Schweden unterhalten so eine Anlage. Unterstützt werden sie gewöhnlich von den Hembygdsföreningar, den Heimatvereinen, die Tradition und Geschichte lebendig machen.

Schon seit dem 19. Jahrhundert war man bestrebt, die traditionellen Kultur Schwedens nicht untergehen zu lassen. Es entstanden zahlreiche interessante und heute sehr beliebte Freiluftmuseen: Etwa Skansen in Stockholm von 1891, oder das Jämtli in Östersund von 1912. Viele kleinere Ortschaften zogen nach und richteten ihre bäuerlichen Gebäude her, um die lokale Geschichte zu erzählen. In so einem „Open-Air-Museum“ kann man also allerlei über das Leben in früheren Zeiten erfahren.

Heimatverein

In den Ausstellungen wird altes Handwerk demonstriert. Foto: Sveriges hembygdsförbund.

Die Industrialisierung war auch in Schweden stark. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein galt es, zu modernisieren und zu effektivisieren. Umso wichtiger erschien es daher den Mitgliedern und Anhängern der örtlichen Heimatvereinigungen, die alten Lebensweisen zu erhalten. Akademisch gebildete Leute engagierten sich, um die ursprüngliche Kultur nicht sterben zu lassen.

Handwerk und Heimatvereine

Die „hembygds“-Bewegung ging zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus den „hemslöjd“-Vereinen hervor. Hemslöjd bedeutet soviel wie „Heimwerken“, was dem schwedischen Kunsthandwerk zu seiner Blüte verhalf. In Leksand, Dalarna, gab es bereits 1904 eine Hemslöjds-Vereinigung, und kurz darauf enstand auch der „Dalarna Hembygdsförbund“. Das war praktisch der Startschuss für die gesamte „Heimat-Bewegung“, die sich über das ganze Land ausbreiten sollte.

So entstanden nach und nach Museums-Bauernhöfe im ganzen Land. Jedes kleine Dorf mit hembygdsgård ist stolz darauf und freut sich über Besucher, die an der bäuerlichen Kultur Interesse zeigen.

Mittsommer Heimatmuseum

Geselliger Treffpunkt auf dem Lande: Der Heimatverein lädt zur Mittsommerfeier. Foto: Sveriges hembygdsförbund

Die alten Häuser sind meist ausgestattet mit den typischen Möbeln aus früherer Zeit. Man staunt, wie vollständig anders das Leben zur Ur-Großmutters Zeiten war. Man fragt sich, wie die Leute ohne modernen Geräte auskamen, und ob sie vielleicht sogar zufriedener lebten. Werkzeuge sind ausgestellt, und man erfährt wie früher gearbeitet wurde und was den Menschen wichtig war.

Treffpunkt für Jung und Alt

Heute hat der schwedische Heimat-Verband 2060 Mitgliedsvereine!  Sie versammeln nicht nur historisch interessierte Leute, sondern arbeiten über Generationen hinweg: Schulklassen besuchen die hembygdsgårdar regelmäßig und hören den Älteren zu, wenn sie über die ehemaligen Hausbewohner berichten oder ein landwirtschaftliches Gerät demonstrieren.

Die Heimathöfe sind aber auch sozialer Treffpunkt für das Leben auf dem Land. Denn rund um die alten Gebäude feiert man gemeinsam Feste wie Lucia, Midsommer oder „barnens dag„, den Tag der Kinder.

Die schwedische Heimatbewegung ist also nicht nur etwas für Nostalgiker, – obwohl diese in einem Freiluft-Museum natürlich voll auf ihre Kosten kommen!

 

Autor(in): Heide – Heide.Walker@conductix.com

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge

Schwedenkalender 2024

Schwedenkalender 2024

Unser beliebter Schwedenkalender 2024 zeigt die Schönheit Schwedens in all ihren Facetten. Er enthält die deutschen und schwedischen Feiertage (zweisprachig!), die Geburts- und Namenstage der schwedischen Königsfamilie sowie eine Übersicht über die deutschen...

mehr lesen
Mittelalterwoche in Visby

Mittelalterwoche in Visby

Manche Leute nehmen ihr Hobby ernst: "Ich würde meinen Job kündigen, wenn ich in Kalenderwoche 32 keinen Urlaub bekommen würde", sagt ein Gaukler, der alljährlich auf dem Mittelaltermarkt in Visby steht. Die Kalenderwoche 32 ist für eingefleischte Historien-Fans und...

mehr lesen
Henning Mankell: Der Sandmaler

Henning Mankell: Der Sandmaler

„Sandmålaren“: Der erster Afrika-Roman von Henning Mankell aus dem Jahre 1974 erscheint nun in deutscher Übersetzung von Verena Reichel. Stefan und Elisabeth treffen sich auf dem Flug nach Afrika kurz nach dem Abitur wieder. Gegen Ende der Schulzeit hatten sie eine...

mehr lesen