Schwedisch-brandenburgische Heiratsprojekte

Jeder kennt die Siegessäule inmitten Berlins; ein kleinerer Doppelgänger befindet sich unweit des Örtchens Hakenberg bei Neuruppin, im Jahre 1800 vom preussischen Architekten Rochow erbaut und 34,37m hoch. Gewidmet ist sie einem denkwuerdigem Ereignis: der Schlacht von Fehrbellin 1675, dem ersten militärischem Sieg des brandenburgischen Kurfuerstem Friedrich Wilhelm ueber ein schwedisches Heer.

In jenen Junitagen glaubte sich der Kurfuerst am Ziel seiner aussenpolitischen Wuensche, endlich endlich schien der uralte Erbanspruch der Hohenzollern auf ein ungeteiltes Pommern erfuellt. Mit Beginn seiner Regentschaft im Dezember 1640 hatte er versucht mit den verschiedensten Mitteln, seinen durch alte Verträge und Familienbande legitimierten Anspruch zu realisieren.

Aus einem altem Vertrag, niedergeschrieben 1529 im brandenburgischem Grimnitz, leitete Friedrich Wilhelm seinen Anspruch her, damals vereinbarten die pommerschen Fuersten, sollte das herrschende Geschlecht je aussterben, fielen Vor- und Hinterpommern an das Geschlecht der Hohenzollern. Dass dieser Umstand eintreten sollte, zeichnete sich inmitten des Dreissigjährigen Krieges ab. Bogislaw XIV., der letzte Pommernherzog, zusehens krank, wuerde kinderlos bleiben. Die Sukzssion der Hohenzollern in Pommern schien greifbar nah – da griff Schweden 1630 in den Krieg ein und benötigte insbesondere Vorpommern als Versorgungsbasis fuer das Heer. Dies brachte die Brandenburger in eine fatale Entscheidungslage, die der Vater Friedrich Wilhelms, Georg Wilhelm, mit einer völlig aussichtslosen Neutralitätspolitik zu umgehen versuchte. Lange lebte er in dem Glauben, dass er aus der Ehe, die seine Schwester mit dem Schwedenkönig Gustav II. Adolf 1620 sehr schnell und ueberraschend eingegangen war, eine Sonderbehandlung ableiten könne. Der Wasa zerstörte diese Illusion rasch als er das Recht zum Durchzug seiner Truppen durch die Mark Brandenburg benötigte und quasi erzwang. Er lies Kanonen auf die Berliner Resienz richten und verbuergt sind seine Worte: ”Hier streitet Gott und der Teufel. Will seine Lbd. (gemeint ist Georg Wilhelm) es mit Gott halten, so trete Sie zu mir…was ist das fuer ein Ding Neutralität? Ich verstehe es nicht!”

Das wirkte; es gab Vertrags- und Buendnisverhandlungen, im Laufe dieser soll Gustav II. Adolf ein Projekt eingebracht haben; ob nun ernsthaft unterbreitet oder nur schmeichelhaft gelogen, wir wissen es nicht genau; Fakt bleibt, dass Hinweise ueberliefert sind, dass er seine einzige Tochter Christine mit dem damaligen Kurprinzen zu verheiraten in Aussicht gestellt haben soll.

Die Folgeereignisse legten das Vorhaben auf Eis resp. machten es ueberfluessig. Die Schweden zogen siegreich gen Sueden, gewannen 1631 die Schlacht bei Breitenfeld gegen die Kaiserlichen und hätten sich wahrscheinlich dauerhaft auf deutschem Boden etabliert, wäre der Schwedenkönig nicht im November 1632 in der Nebelschlacht von Luetzen gefallen.

Als Georg Wilhelm dann im Dezember 1640 starb, ergriff sein Sohn sofort die Initiative und sandte einen Vertrauten, Gerhard Romilian Kalcheim, in geheimer Mission an den Stockholmer Hof, um um die Hand Christines anzuhalten – doch vergebens. Den Versuch, auf diese Weise das schwedisch besetzte Pommern anzugliedern, gab Friedrich Wilhelm als junger Landesherr freilich nicht auf. Fuer 1642 ist eine nochmalige Incognito-Gesandtschaft nach Stockholm mit ausdruecklicher Instruktion belegt. Diese Bemuehungen wurden diplomatisch fortgesetzt auf dem Westfälischen Friedenskonkress bis weit ins Jahr 1646 hinein. Das hatte Wirkungen und lies die europäische Diplomatie wach werden.

Die Niederländer, Exrivalen der Schweden im Ostseeraum, benötigten einen Buendnispartner und lancierten die Offerte, der junge Kurfuerst könne Luise Henriette heiraten, die Tochter des Statthalters. Im Gegenzug wuerden die Oranies das Verwirklichen des brandenburgischen Erbanspruchs bei dem Gefeilsche in Osnabrueck unterstuetzen. Als dies publik wurde, reagierten nunmehr aufgeschreckt die schwedischen Unterhändler, insbesondere Oxenstierna, und boten nun ihrerseits an, man könnte ueber das alte Heiratsprojekt ja gern neu verhandeln. Der hatte der Brandenburger jedoch bereits vollkommen auf die niederländische Karte gesetzt, am 7.12.1646 heiratete er Luise Henriette von Oranien und schickte – ganz pikant – Christine von Schweden eine Einladung.

Erfolg hatte Friedrich Wilhelm mit diesen Schachzuegen nicht. Interessen der Grossmächte, Frankreichs, Schwedens und des Deutschen Kaiers, waren stärker und dem Kurfuersten musste klar geworden sein, mit sanfter Diplomatie, Heiratspolitik, konnte der ererbte Anspruch auf ein gesamtes Pommern nicht durchgesetzt werden. Es bedurfter anderer Mittel, um die Schweden, die begonnen hatten, auf vorpommerschen Boden bereits eine Landesverwaltung zu etablieren, los zu werden. Doch das ist schon eine andere Geschichte, in der die Schacht von Fehrbellin 1675 einen kurzen Höhepunkt markiert.

Autor(in): Peter – drpeterkiehmbeck@hotmail.se

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