Schwedens Geschichte: Bauern, Adel, Geistlichkeit – Die Bevölkerungsdifferenzierung im Mittelalter (Teil 3)

Die Überreste von Alsnö hus auf Adelsön. Foto: Holger Ellgaard /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

Die Überreste von Alsnö hus auf Adelsön. Foto: Holger Ellgaard /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

Im Schweden des Mittelalters begründeten militärische Aufgaben, umfangreicher Landbesitz und Dienst für den König eine hervorgehobene Position, eine privilegierte soziale Gruppe – den Stand des Adels.

Wie der Geistlichkeit mit dem Privilegienbrief von 1281 gewährte die schwedische Krone auch dem Adel aufgrund besonderer Aufgaben, wie etwa Verteidigung bzw. Kriegsdienst einen privilegierten sozialen und rechtlichen Status. Dazu gehörte allem voran die allgemeine Abgabenfreiheit, sprich Steuerfreiheit.

„Statut von Alsnö“ schreibt besondere Stellung fest

Diese Abgabenfreiheit (frälse) gewährte König Magnus Ladulås mit der Alsnö stadga, dem „Statut von Alsnö“. Heute nur noch in Abschriften erhalten ist das mittelalterliche Dokument eines der meistdiskustierten in der schwedischen Geschichtsforschung. Verabschiedet wurde die Satzung auf Alsnö hus, auf der Insel Adelsön im Mälaren. Wann das geschah, ist nicht endgültig geklärt. Als Datierungen werden die Jahre 1279, 1280 oder 1281 genannt.

Die durch die Alsnö stadga privilegierten waren Ritter, Knappen, königliche Dienstmannen und Bischöfe. Zwar nennt die Satzung auch Männer, die Kriegspferde bereitstellen, doch ist umstritten, ob auch ihnen die königlichen Freiheiten im vollen Umfang gewährt wurden. Nicht umstritten ist hingegen, dass das Statut eine soziale Gruppe, die sich aus den Geschlechtern der (ehemaligen) Stammeshäuptlinge, Großbauern, königlichen Dienstleuten und königlicher Gefolgschaft zusammensetzte in einen bevorzugten Stand hob. Dieser Stand, durch Lehnsordnung und Treueeid dem König eng verbunden, lässt sich mit dem mittelalterlichen Adel, dem Geblüts- und Dienstadel auf dem „europäischen Festland“ vergleichen. Das „Statut von Alsnö“ schuf bzw. legitimierte den schwedischen Adel. Mit der Zeit wurden dem Adel bzw. errang der Adel zur Steuerfreiheit weitere Sonderrechte. So die Befreiung von Sondersteuern, das exklusive Jagdrecht auf eigenen Gütern sowie das Recht böter, bäuerliche „Schuldigkeiten“ zu beanspruchen.

Differenzierung des Adels

Formell waren die Angehörigen des Adelsstandes rechtlich gleichgestellt, doch wie die gesamte Bevölkerung des damaligen Schwedens differenzierte sich auch diese soziale Gruppe während des Mittelalters in sozialer, ökonomischer und politischer Hinsicht in hohe und niedere frälse aus. Durch den Besitz von immer größeren Lehen wuchs die Macht der hohen frälse, insbesondere des Ratsadels gegenüber dem König. Die niedere frälse hingegen stand den Bauern nah. wobei die Standesschranke lange Zeit durchlässig war und Bauern, die Rossdienst leisteten zur frälse zählten.

Für die schwedischen Monarchen spielte diese Unterscheidung jedoch eine untergeordnete Rolle. Bedeutend war sie potenzielle Konkurrenten um den Thron an sich zu binden und sich die Unterstützung der Gruppe zu sichern, die für und mit Reiterei und Soldaten aufkam, der frälse-Bauern. Bauern, Adel, Geistlichkeit – zur (End-)Zeit der Kalmarer Union treten auch Hüttenunternehmer und Bergleute sowie Stadtbürger in Erscheinung. Zwei weitere rechtliche und soziale Statusgruppen, die im mittelalterlichen Schweden entstanden. Dazu mehr im nächsten Teil zur Bevölkerungsdifferenzierung im Mittelalter.

Autor: Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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