Ratan – Der „Hafen von Norrland“

Tullgården in Ratan

Der Tullgården in Ratan. Früher Zollhof, heute Gaststätte und Kulturzentrum. Foto: Hans Lindqvist /commons.wikimedia.org/ (CC BY-SA 3.0)

Ratan ist ein kleines Dorf, rund 50 Einwohner zählend, etwa 50 km nördlich von Umeå. Holzhäuschen, ein paar Felder, ein paar Boote im Hafen und viel Ruhe im Schutz der Insel Rataskär. Doch an Zollhof, Wehren und Gräben, Kriegsgräbern, altem und neuem Mareograf lässt sich ablesen, dass Ratan mehr ist als ein Idyll an der Küste von Västerbotten. Ratan ist kulturgeschichtliches Erbe – ein Ort von nationalem Interesse.

Die Geschichte von Ratan begann mit einem Marktplatz. Im Schutz der Insel Rataskär bot sich die ideale Voraussetzung für einen Hafen. Es war einer der „besten Häfen zwischen Stockholm und Tornio“ sein und zum wichtigsten Hafen an der Küste von Nordschweden werden. 1641 fand der Markplatz erstmals schriftliche Erwähnung, 1681 wurde zum ersten Mal der Ort Ratan erwähnt.

Ratan war Umschlaghafen für ganz Nordschweden

1767 wurde Ratan zum Umschlaghafen für die gesamte Küste des damaligen Norrbottens und Västerbottens. Alles was auf See von und nach Umeå, Piteå, Luleå und Torneå (Tornio) ging, wurde von der Seezollverwaltung in Ratan registriert und verzollt. Zuerst waren Zollhaus und Magazine auf Rataskär. Später zogen Zollstelle und Lager aufs Festland.

Die Blütezeit endete als auch in anderen Städten zum Ende des 18. Jahrhunderts vermehrt Stapelplätze angelegt wurden. Und so beispielsweise Kaufleute aus Umeå ihre Waren, die nach Süden sollten, nicht erst auf der nicht einfachen Passage durch den Kvarken nach Ratan verschiffen mussten.

Noch härter trafen den Ort die Ereignisse im „Finnischen Krieg“ 1808/09.

Ratan war Schauplatz des letzten Krieges auf schwedischem Boden

Am 20. August 1809, kurz vor drei Uhr nachmittags verwandelte sich Ratan in ein Schlachtfeld. Die schwedischen Truppen eröffneten das Feuer von ihren Stellungen auf Rataskär und Ledskär (eine Halbinsel südlich des Dorfes) sowie von den im Hafen liegenden Kriegsschiffen – insgesamt rund 100 Kanonen – auf die heranströmenden russischen Truppen.

Kriegsgrab in ratan

Grabstätte für die Gefallenen der Schlacht von Ratan am 20. August 1809. Foto: Magnus (salgo1960) /flickr.com (CC BY-ND 2.0)

Ratan und Umgebung wurden weitgehend zerstört. Hab und Gut der Einwohner geplündert. Über vier Stunden dauerte die Schlacht. Am nächsten Tag war es ruhig in Ratan. Die Armeen zogen sich zurück. Eine der letzten Schlachten auf schwedischem Boden war geschlagen.

Die Spuren sind aber auch 200 Jahre später noch zu erkennen. Wehre und Gräben, hier und da noch Einschusslöcher in den Häusern. Und wohl kaum ein Haus, in dem nicht ein Andenken an das Kriegsgeschehen in Form von gefundenen Gewehr- oder Kanonenkugeln zu finden ist.

Nach dem Krieg konnte sich Ratan wieder erholen. Zwar konnte der Hafen seine frühere Bedeutung nie wieder erlangen, doch als Zollstation war Ratan bis 1905 von Rang. Zudem erhielt der Ort ein Telegrafen- und Postamt und ein Dampfsägewerk. Bis in die 1940er Jahre war der Hafen sichere Anlaufstelle für Holz- und Kohleschlepper.

In den folgenden Jahrzehnten verlor Ratan zunehmend an Stellenwert. Außer für den Seewetterbericht.

Ratan und das „verschwindende Meerwasser“

1749 wurde auf Ledskär eine Wasserstandsmarkierung in den Fels geschlagen. Es sollte das Geheimnis des „verschwindenden Wassers“ enträtselt werden. Für die Schifffahrt sind die richtigen Tiefenmarkierungen unerlässlich. 1774 folgte eine weitere Markierung auf Rataskär. Seit 1891 wird die Landhebung mit einer Mareografenstation gemessen. Mittlerweile kommen die Daten für den Seewetterbericht von einem neuen Mareografen in Ratan.

Ratan für Besucher

Im Hafen von Ratan liegen heute Sportboote, die alte Pegelmessstation im Hafen ist eine Sehenswürdigkeit. Der Tullgården, der alte Zollhof, ist Gasthaus und beherbergt das Kulturum, das in einer Ausstellung von Landhebung, dem „Hafen von Norrland“ und Kriegsgeschehen erzählt.

Auf dem Ratanleden können Besucher das Dorf und seine Umgebung erkunden, auf dem Rataskärleden das Naturschutzgebiet Rataskär. Der Rundweg führt an Kompassrosen, Labyrinthanlagen und Netztrockengestellen und dem Fundament des ersten Gebäudes von Ratan vorbei – es war ein Wirtshaus.

Autor: Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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