Hemslöjd – schwedisches Kunsthandwerk

Auch die Dalarna Pferchen gehören zum schwedischen Kunsthandwerk. Fotograf: Heide

Auch die Dalarna Pferchen gehören zum schwedischen Kunsthandwerk.
Fotograf: Heide

Immer wieder trifft man in kleinen schwedischen Ortschaften oder Dörfern auf ein Hemslöjdshus oder Geschäfte, die alle Arten von Handarbeiten und ausschließlich Handarbeiten verkaufen. Schweden scheint da irgendwie noch mehr Sinn für solche selbstgemachten Dinge zu haben als andere Länder.

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Winter in Schweden, vor allem in den nördlichen Regionen, lang, dunkel und kalt sind und dass man dann gerne in der gemütlichen „Stuga“ sitzt und vielleicht auch Handarbeiten anfertigt. Und eben deshalb findet man in Schweden viele Geschäfte und Boutiquen, die das notwendige Zubehör verkaufen oder auch die fertigen Handarbeiten, eben das „hemslöjd“, zum Verkauf anbieten.

Oft sind diese Dinge mit schwedischen Traditionen verbunden und erinnern an frühere Zeiten und alte Gebrauchsgegenstände. Dazu gehören Teppiche, Haushaltsgegenstände, Behälter, Körbe, Besteckteile, Textilien, Gegenstände aus Draht und Holz usw. Für Touristen und Besucher sind diese Gegenstände einfach eine Erinnerung an ihren Schwedenurlaub; oder man benutzt sie als neues Lieblingsstück auch fleißig zu Hause. Viele dieser Dinge sind originell und gewiß nicht alltäglich. Über manche Stücke amüsiert man sich oder kann sich nur wundern, auf was für verspielte Ideen die Schweden doch manchmal kommen: z.B. einen Kerzenlöscher aus Draht oder einen winzigen Schneebesen. Oder ein kleines Holzlöffelchen für Salz. Oder eine Sillgaffel, eine Holzgabel für Heringe. Die typisch schwedischen Buttermesser aus Holz sind Schwedenliebhabern sicher bekannt. Sie sind ja auch wirklich ganz praktisch, und dazu auch oft richtig schön kunstvoll bemalt.

Das schwedische „Hemslöjd“  hat seinen Ursprung im schwedischen traditionellen Landleben, den Bauernhöfen. Man findet ja auch viele Hembygdsgårder oder Gammalgårder in Schweden, wo das traditionelle Leben in früheren Zeiten dargestellt wird. Auf eben diesen Bauernhöfen wurden Gegenstände für den Eigenbedarf hergestellt, aber auch zum Verkauf. Wenn man im Winter draußen nicht arbeiten konnte, dann stellte man aus natürlichen Materialien Kunsthandwerk her. Man schnitzte Figuren und Haushaltegegenstände aus Holz, man bemalte verschiedene Objekte, oder man nähte, strickte, stickte, bastelte allerlei schöne Dinge.

Jede Region stellte ihre speziellen typischen Kunstgewerbeartikel her, die auch heute für die einzelnen Regionen bekannt sind. Zum Beispiel kennt jeder Schwedenreisende die beliebten Dalarna-Pferdchen, die heute in großen Mengen, aber immer noch in Handarbeit in Dalarna hergestellt werden. Diese Pferdchen sind nicht nur Souvenirs, sie sind eng mit der Tradition Dalarnas verbunden. In früheren Zeiten arbeiteten die Menschen auf dem Feld, und das Pferd war dabei ein großer Freund und Helfer. In den Wintermonaten, als die Arbeit draußen nachließ und man sich mehr im Haus aufhielt, saß man in den langen Winternächten am Kamin und schnitzte kleine Pferdchen aus Holz als Spielzeug für die Kinder. Daraus entstanden im Laufe der Zeit die beliebten „Dalahästar“, die dann nicht nur geschnitzt, sondern auch schön bunt bemalt wurden.

Bekannt ist auch das Kunsthandwerk der Samen in Lappland, das sogenannten „Sameslöjd“. Hierzu gehören die typischen Textilien, speziell für die Kälte im Norden, aber auch Behälter, Geschirr aus Holz oder Zinn und auch Schmuck. Lapplandreisende nehmen diese Dinge gerne als Erinnerung mit nach Hause.

Im 19. Jahrhundert war das Kunsthandwerk in Schweden ein bedeutender Erwerbszweig, der im Gegensatz zu den industriell hergestellten Waren stand. Die „Föreningen för Svenska Hemslöjd“ wurde 1899 gegründet, also eine Vereinigung zur Verbreitung des schwedischen Kunsthandwerks, die heute etwa 400 Mitglieder hat. Man wollte das Interesse an Handwerksarbeiten aufrechterhalten und die alten Traditionen bewahren. Zwischen 1904 und 1912 wurden dann unzählige „Hemslöjdsföreningar“ gegründet, als erstes in Leksand, in der Provinz Dalarna. 1913 entstand dann der Svenska Hemslöjdsföreningars Riksförbund, eine ideelle Organisation, die eine eigene Zeitschrift herausgibt und der verschiedene Kunsthandwerksläden im ganzen Land angehören. Die Vereinigung besitzt auch ein eigenes Geschäft in der Nybrogratan in Stockholm, wo man alle Arten von schwedischem Kunsthandwerk kaufen kann.

Heute ist Hemslöjd eine Verbindung zwischen Moderne und Tradition. Viele Dinge braucht man heute nicht mehr wirklich, aber sie sind einfach schön und wecken Erinnerungen an die schönen alten Zeiten, sowohl für Schweden selbst als auch für Besucher.

Autor(in): Heide – Heide.Walker@conductix.com

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