Göteborg: Verrostete Straßenbahnen werden zu politischer Affäre

Göteborgs Rost-Problem in voller Fahrt

Göteborgs Rost-Problem in voller Fahrt

Die Göteborger haben die Nase voll. Überfüllte Straßenbahnen, zu Stoßzeiten keine Chance auf einen Sitzplatz – das sind die Folgen der Rostschäden, die an den vor wenigen Jahren hergestellten neuen Straßenbahnen festgestellt wurden. Der von der Tageszeitung Göteborgs Posten als „Straßenbahnaffäre“ bezeichnete Skandal ist derzeit eines der Top-Themen in Schwedens zweitgrößter Stadt.

Betroffen sind 40 Straßenbahnwagen, die 2001 beim italienischen Schienenfahrzeugbauer AnsaldoBredas bestellt wurden. Das börsennotierte Unternehmen stellt Züge, U-Bahnen und Straßenbahnen her. Neben Göteborg nutzen unter anderem Athen, Oslo, Mailand und Neapel die italienischen Straßenbahnen.

Die ersten Rostschäden wurden im Sommer 2012 festgestellt. Im Herbst mussten die ersten 15 Wagen aus dem Verkehr gezogen werden, da zusätzlich Probleme mit den Radlagern bekannt wurden. Richtig dramatisch wurde es allerdings erst Anfang 2013. Alle 40 Wagen wurden in die Werkstatt geholt, so dass auf manchen Linien nur noch Einzelwagen verkehren. Die logische Konsequenz sind hoffnungslos überfüllte Wagen.

Zwei Fragen beschäftigen die Göteborger derzeit am meisten: Wer zahlt für die notwendigen Reparaturen und seit wann waren die Schäden bekannt? Bei den Kosten konnte man sich mit dem italienischen Hersteller bislang nicht einigen. Rund 2,9 Millionen SEK soll die Rostbeseitigung kosten. Gerüchte, dass man sich mit AnsaldoBredas auf eine 50-prozentige Übernahme geeinigt habe, wurden nicht bestätigt.

Zu einer politischen Affäre macht der Rost aber ein anderer Aspekt. Ein Techniker der Göteborger Straßenbahnbetriebe war 2003 im Werk von Pistoia in der Nähe von Florenz. Seine Aufgabe war, die Montage der für Göteborg gebauten Straßenbahnen zu kontrollieren. Schon damals stellte er fest, dass verrostete Metallteile beim Bau verwendet wurden. Zurück in Göteborg informierte er offiziell die zuständigen Projektleiter und fügte Fotos als Beweise hinzu. Eine weitere E-Mail schickte er nach eigenen Angaben anonym an Journalisten und Kommunalpolitiker. Nichts geschah. Mittlerweile stehen Behauptungen im Raum, dass sich AnsaldoBredas bei der Übernahme von Reisekosten für Göteborger Projektverantwortliche nicht knauserig gezeigt haben soll. Die Stadt Göteborg hat mittlerweile eine genaue Untersuchung durch Wirtschaftsprüfer angekündigt.

Autor: Christoph- c.baier@speedmail.se

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