Für alle, die Stieg Larsson lieben

Foto: Mogens Engelund

Stieg Larsson hat nicht nur eine top Story geschrieben, er hat uns darin auch mit seinen Beschreibungen rund um die schwedische Alltagswelt eingelullt. Wir haben mit den Protagonisten Kaffee getrunken (zu jeder Zeit!), waren mit ihnen bei IKEA, haben uns Käsebrote gemacht oder sind mit ihnen raus aufs Land gefahren.

Ich persönlich fand diese Atmosphäre einzigartig. Gute Krimis gibt es wie Sand am Meer. Aber Krimis, die ein ganzes Lebensgefühl vermitteln, die so „echt“ sind, dass sie sogar dazu animieren, sich während des Lesens selbst Kaffee und Brote zu holen, das habe ich nie woanders gefunden. Bis vor kurzem…

Nur durch Zufall habe ich ein Buch der schwedischen Autorin Liza Marklund in die Hand genommen und mich direkt fest gelesen. Wie Stieg Larsson ist auch sie Journalistin, die sich an Krimis versucht hat. Sie hat lange als Reporterin, Nachrichtenchefin und Chefredakteurin für Zeitungen und Fernsehsender gearbeitet. Aber dann spürte sie den Drang, mehr zu schreiben; echte Geschichten in Romanen festzuhalten.

Entstanden ist das Buch „Olympisches Feuer“ rund um eine erfolgreiche Journalistin bei der Kriminalredaktion der Stockholmer Abendzeitung: Annika Bengtzon. Annika, eine hübsche Schwedin Anfang 30, muss den Spagat zwischen Kind, Ehemann und Karriere meistern – und gerät gleichzeitig mitten in grausame Verbrechen.

Da der Roman jedoch von allen Verlagen abgelehnt wurde, entschied Marklund sich zur Eigeninitiative und vermarktete es selbst über Tankstellen. Ein voller Erfolg! 1998 erhielt sie für Ihr Buch den schwedischen Krimipreis, mittlerweile wurde es sogar verfilmt. Es folgten viele weitere Annika Bengtzon-Krimis mit neuen Abenteuern, neuen Männern, neuen Lebenssituationen – und hin und wieder sogar einmal mit einem neuen Land.

Da hier eine Frau die Protagonistin ist, dürfte es für viele Männer vielleicht nicht allzu spannend sein. Es ist ja häufig so, dass man sich in den meisten Fällen mit gleichgeschlechtlichen Helden identifiziert. Dennoch entsprechen die Schreibe der Autorin und die Art des Handlungsaufbaus für mich weitgehend dem Stil von Stieg Larsson. Auch Annika Bengtzon ist immer für einen Kaffee oder einen guten Schluck Wein zu haben. Sie ist eine aufrichtige, starke und sehr zielgerichtete Frau und genau wie Mikael Blomkvist Journalist(in). Und zwar eine von der Sorte, die ihre Nase grundsätzlich tiefer in eine Sache hineinsteckt, als tatsächlich nötig wäre. Während in der Millennium-Trilogie immer von „Kalle Fucking Blomkvist“ die Rede war, begegnen wir bei Marklund schon einmal einer „Sophia dumme Schlampe Grönborg“.

erschienen im Rowohlt-Verlag

Ich selbst habe die Romane „Lebenslänglich“ und „Kalter Süden“ gelesen und möchte sie gern weiterempfehlen. Allerdings kann es etwas schwierig sein, sich sofort einzufinden, da mittlerweile ganze neun Annika-Bengtzon-Krimis erschienen sind. Etwas verwirrend finde ich die Tatsache, dass „Olympisches Feuer“ zwar als erstes Buch veröffentlicht wurde, „Studio 6“ aber von der chronologischen Abfolge der Handlung als erstes gelesen werden müsste. Aber wie man es am Ende auch macht, ich denke, dem Lesevergnügen tut das keinen Abbruch. In diesem Wikipedia-Artikel findet Ihr alle Romane aufgelistet.

Stieg Larsson wird unvergessen bleiben. Er hat die Messlatte so hoch gelegt, dass man noch lange zu ihm aufblicken wird. Aber sehr wahrscheinlich wird es keine neuen Romane mehr von ihm geben (seine Partnerin wehrt sich gegen eine Veröffentlichung der noch vorhandenen Manuskripte). Warum sollte man es also nicht mit ähnlichen Autoren versuchen?

Liza Marklund ist natürlich nicht Stieg Larsson, keine Frage. Aber wer sich auf sie einlässt, dem wird über weite Strecken die Atmosphäre begegnen, die so viele von uns bei Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist geliebt haben.

Autor(in): Nicole Schmidt – text.assistant@yahoo.de

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