Buchrezension zu: „Désirée“ von Annemarie Selinko

Anfang des 19. Jahrhunderts steckt die schwedische Monarchie in einer Krise. Es gibt keinen Thronfolger und der amtierende König greift zu einer ungewöhnlichen Methode: Er adoptiert den französischen General Bernadotte. Dieser bringt idealerweise bereits eine Ehefrau und einen gesunden Jungen mit in die königliche Familie.

Seine Ehefrau heißt Désirée und sie ist die Titelheldin des Romans von Annemarie Selinko. In ihrer Erzählung gibt sie die Lebensgeschichte dieser Frau wieder von ihrer Kindheit als Seidenhändlerstochter in Marseille bis hin zur Ehefrau des französischen Generals Bernadotte und späterer Königin von Schweden. Ihr Leben eignet sich in der Tat perfekt für eine Romanvorlage, gibt es doch ein pikantes Detail: Als junges Mädchen hatte Desirée ein Verhältnis mit Napoléon, der sie jedoch für seine spätere Frau Josephine verließ. Trotz des unglücklichen Ausgangs dieser Liebesbeziehung bleibt Napoléon ein nicht unwesentlicher Bestandteil in ihrem Leben, sein Bruder heiratet nämlich Desirées ältere Schwester.

Selinko verwendet die Eckdaten der Geschichte, um daraus einen spannenden Liebesroman mit einer sympathischen Hauptfigur zu entwerfen. Dabei erliegt sie nicht der Versuchung, den Leser mit Jahreszahlen und historischen Fakten zu überfrachten und damit zu langweilen. „Desirée“ ist in der Form eines fiktiven Tagebuches der Titelheldin geschrieben. Dreh- und Angelpunkt der Erzählung sind und bleiben somit immer die persönlichen Gefühle eines jungen Mädchens, das zu einer Frau heranreift.

Was Selinkos Roman zu einem Klassiker der Literatur machte, ist sicher ihr Händchen für gutgemachte Dialoge und Situationskomik. Eine der hierfür bedeutsamsten Stellen ist sicher die, an der Desirée eine eher unangenehme Konversation mit ihrer schwedischen Adoptiv-Schwiegermutter hat:

-Meine Liebe, finden Sie eigentlich, dass Sie sich so verhalten, wie es sich für eine schwedische Königin gehört?

  • Das weiß ich nicht, Madame.

  • Sie wissen es nicht meine Liebe…?!

  • Nein, denn sehen Sie, Madame: Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich Königin von Schweden bin, deshalb kann ich es Ihnen nicht sagen.

Trotz des gesellschaftlichen Drucks der von allen Seiten an sie rangetragen wird, bleibt die Figur Desirée in ihrem Handeln und Denken immer sie selber und lässt sich vor allem nicht zur politischen Schachfigur der machtbesessenen Männer in ihrem Umfeld machen. Lieber schlittert sie mit ihrem Sohn über das spiegelblanke Parkett im Thronsaal des Königsschlosses, schwänzt die Klavierstunden und tunkt ganz unlady-like bei offiziellen Dinners ihr Brot in die Suppe.

Ob Desirée sich das Dekolleté mit Taschentüchern vollstopft oder ihrer Rivalin Josephine das Kleid mit Champagner bespritzt ( „Ich habe absichtlich Champagner genommen, die Flecken gehen nämlich nie wieder raus!“), es ist die Liebe fürs Detail und es sind die vielen menschlichen Situationen, die Selinkos Lektüre so zeitlos machen. Das Buch erscheint erstmals 1951 hat seitdem aber nichts an seiner Faszination eingebüßt. Es wurde ebenso erfolgreich von Hollywod verfilmt, mit Liz Taylor und Marlon Brando in den Hauptrollen. Ein gut zu lesender Schmöker über eine eigensinnige Frau in einer Zeit in der die schwedische Monarchie am Scheideweg stand.

Dieses Buch gehört auf den Weihnachtswunschzettel eines jeden Schwedenfans!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Autor(in): Beate – b.scherberich@gmx.net

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