Auf Zeitreise mit Göteborgs Flaggschiff

Stolzes Schiff: Der Ostindienfahrer "Götheborg" hat wieder angelegt. Foto: Katja Singer

Mit einem Salut aus der dicken Kanone wurde die Sommersaison für den Ostindienfahrer „Götheborg“ eröffnet. Ab heute gilt jeden Tag Schlag elf „Ohren zuhalten“ am Göteborger Stenpiren, denn zum authentischen Auftritt des berühmten Segelschiffs gehören nun einmal Kanonenschüsse. Für die kommenden acht Wochen bereichert die „Götheborg“ das Hafengeschehen in der schönen Stadt an der Westküste. Auf Betreiben der „Svenska Ostindiska Companiet“ (SOIC) entstand wiederum ein zeitgemäßes, spannendes Ausstellungs- und Erlebnis-Areal.

Flaggschiff der Stadt Göteborg, Foto: Katja Singer

Es dauerte nicht lange, eh zahlreiche Neugierige und Touristen an Bord gingen, um sich den historischen Segler aus nächster Nähe anzuschauen. Gästeführer in Gewandung aus dem 18. Jahrhundert ließen sich gerne mit Fragen „bombadieren“. An Deck und unter Deck wird während des Sommers so einiges geboten: Ein zehnminütiger Schiffsappell samt Instruktion zu jeder halben Stunde. Gruppenführungen von samstags bis dienstags, jeweils viertel nach sechs Uhr abends. Ansonsten „open ship“ für alle und Informationen auf schwedisch und englisch. Auf Nachfrage verspricht Vormann Jonas, dass sich bei Bedarf auch deutschsprachige Führungen organiseren lassen: „Nichts ist unmöglich an Bord der Götheborg!“ Dafür sorgen die vielen engagierten Ehrenamtlichen der Svenska Ostindiska Companiet. Der Besuch an Bord kostet 100 SEK, Kinder zwischen 7 bis 16 Jahren kommen für die Hälfte mit

Was die wenigsten Besucher wissen: Das Handelsschiff „Götheborg“ segelte bis 1745 zwischen Schweden und dem fernen Osten, bis es – ähnlich tragisch wie Stockholms „Vasa“ – in der Einfahrt seines Heimathafens sank. Nach Bergung der Überreste Ende der 1980er Jahre baute die SOIC eine Replik unter gleichem Namen: „Götheborg“ ging wieder auf große Fahrt! Das heute größte, hochseetüchtige Segelschiff aus Holz folgte zwischen 2005 und 2007 noch einmal der historischen Route, – mit weitgehend authentischen Mitteln, vielbeachtet von Medien und Museumsbetrieb. Das Projekt galt als Alternative zur historischen Ausstellung, der Ostindienfahrer als neuer, alter Botschafter seiner Stadt. Die vorerst letzte Expedition war 2010 zur Hochzeit der Kronprinzessin Victoria in Stockholm.  

Nun ist eine Reise zu den Olympischen Spielen nach London in Planung, und am Horizont steht noch immer eine Übersee-Expedition in die neue Welt. Die ist zwar noch weit von der Realisierung entfernt, aber die Begeisterung für die alte schwedische Handelstradition ruft natürlich viele Fans und Sponsoren auf den Plan. Zudem hat die Stadtverwaltung einen kommunalen Beitrag für ihr Flaggschiff in Aussicht gestellt. Schließlich soll die kunstvolle Replik des Originals von 1745 in Zukunft weitersegeln und nicht als dröges Museumsschiff im Göteborger Hafen dümpeln.

Gewänder aus der Zeit von 1745 erinnern an die Royal Navy und schöne Gouverneurs-Töchter... Foto: Katja Singer

Alles andere als „dröge“ ist hingegen die Ausstellung, die die SOIC am Sommerkai der Götheborg geschaffen hat. Schaubilder und Texte, stimmungsvolle, authentische Utensilien, eine Kaffeestube im Stil eines Handelskontors und zahlreiche, durchaus geschmackvolle Souvenirs erwarten den Besucher im Zelt am Stenpiren. Hier läuft auch ein Filmclip über das Leben der Seefahrer an Bord, bei Wind und Wetter, unterlegt mit pompöser, spannungsgeladener Musik: Das macht jedem Piratenfilm Konkurrenz! Schmiede, Ziegelmacher und Schneider zeigen ihr Handwerk auf die historisch-korrekte Art.

Auch die Außenterrasse soll in diesem Sommer zum Verweilen einladen. Darum hat die SOIC das Programm der nächste zwei Monate durch Grillabende (immer mittwochs) und verschiedene Musik-Konzerte angereichert. Der Blick ist sowieso fantastisch: das Panorama reicht von der Brücke Älvsborgsbron bis zum Hochhaus „läppstiftet“, gegenüber ragen die Kräne der alten Werft in den Himmel und auf dem Fluss, heute wie damals: noch immer reger Schiffsverkehr.

Tipp: Zum jährlichen Göteborger Event „Kulturkalas„, diesmal vom 16 bis 21. August, wird eine historische Seeschlacht rund um die Götheborg nachgestellt (Samstag, 20. August). Dann kommt die Tordenskiöld-Gesellschaft von Dänemark gefahren, um die Stadt vom Wasser aus anzugreifen. Besucher seien daran erinnert, sich wiederum die Ohren zuzuhalten – denn Kanonenschüsse sind garantiert!

Informationen über die Compagnie und das Schiff: http://www.soic.se/

Autor(in): Katja Singer – katja-singer@gmx.de

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